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Greisenschleim und starke Frauen

Quergedanken im März 2013 von Andreas Pecht

 

Quergedanken - von Andreas Pecht

Das hat jetzt gerade noch gefehlt: Da wirft mir einer(!) Sexismus vor. Ausgerechnet mir, der ich seit den frühen 1970ern meine Lektionen (bisweilen recht heftige) in Sachen Gleichberechtigung von Frauen erhalten habe, die Anmacher wie den schmalzsäuselnden Herrn Brüderle mit nur einem einzigen Blick vom Barhocker gefegt hätten. Gestandene Prachtfrauen, die nie Dämchen sein wollten, deshalb weder Tussi noch Gattenschatten wurden.


Die sind durch Schulen gegangen, in denen „Stern“-Kollegin Himmelreich auch mal ein paar Stunden hätte nehmen sollen. Schon als Mädchen holten sie Märchenprinzen vom hohen Ross. Im zarten Jugendalter boten sie autoritären Vätern, Lehrern, Chefs die Stirn. In Brokdorf, an der Startbahn West und anderswo behaupteten sie sich gegen Wasserwerfer und Polizeihundertschaften. Wie sollten derart gereiften Frauen irgendwelche Chauvi-Schnösel ungestraft blöd kommen dürfen?!


Macht und Geld machen Männer sexy, heißt es. Was‘n Quatsch! Die Frauen, von denen ich hier rede, macht beides sofort misstrauisch. Beim Aufgalopp getunter Porsche-Pfauen, gegeelter Bonus-Yuppies oder graumelierter VIP-Hengste schalten sie ebenso selbstverständlich auf wehrhaften Abwatschmodus wie beim Anrollen tumber Bagger der RTL2-Klasse. Wehe dem Kerl, der einer dieser Frauen ohne ihr Einverständnis auf die Pelle rückt: Er wünschte sich bald, er hätte das Maul gehalten, die Finger bei sich, und wäre weit, weit weg. Glücklich aber der Mann, dem ihr Einverständnis zuteil wird. Für ihn beginnt eine spannende Zeit, in der er die Welt und sich selbst neu entdeckt. Dabei kann er das Wunderbare befreiter, unabhängiger, selbstbewusster und so erst voll entfalteter Weiblichkeit kennenlernen – sei es für die Partnerschaft einer Nacht oder die Gefährtenschaft auf Jahre, gar ein ganzes Leben.


„Nun krieg dich mal wieder ein“, knurrt Walter missgelaunt. „Diese Sexismus-Debatte ist doch sowieso Kappes, Schnee von gestern.“ Ei, mein Lieber, plagen dich etwa noch die Abfuhren, die du dir neulich eingefangen hast. Hätt‘ ich dir vorher sagen können, dass selbst kultivierte Flirtversuche aussichtslos sind, wenn du als mittvierziger Altgockel bei einer Erstsemester-Fete auf Brautschau gehst. „Es gibt Ausnahmen!“, blafft der Freund. Ei freilich, eine auf zehntausend, vielleicht. Das ist dann jene Ausnahme, die die Regel bestätigt, wonach heutzutage das historische Prinzip „wohlsituiertem älterem Mann steht junge Frau zu“ nicht mehr gilt. Ei Walter, 20-jährige Studentinnen: Du machst dich doch zum Deppen – wie Brüderle und andere Greisenschleimer. „Is ja gut Alter, ich hab‘s begriffen“, mault der Freund. „Wir schließen das Kapitel jetzt besser, sonst heißt es wieder, deine Kolumne sei sexistisch.“

 

Diesen Vorwurf hat es, siehe oben, tatsächlich gegeben. Aber halt, Herr- und Frauschaften, so geht das nun auch wieder nicht. Das Reden über Geschlechterbeziehungen und Sex ist ja keineswegs per se Sexismus. Dazu wird es erst, wenn man dem Gegenüber in (wie die Bayern sagen) hinterfotziger Absicht schlüpfriges Gesülze aufdrängt. Es verhält sich damit wie mit dem Augenmerk, das wir alle – Männlein und Weiblein, die einen mehr, die andern weniger – auf attraktive Vertreter des anderen Geschlechts richten: Schauen ist unsere Natur; der dezente Blick ist Kultur; giergeiferndes Gaffen und Stieren mit anzüglichen Zoten auf den Lippen, das ist Sexismus.

 

Der Autor im Internet: www.pecht.info

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