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Wie schön: Wir alle sind Bastarde

Andreas Pecht Quergedanken im April 2024 von Andreas Pecht

 

„Holla, spinnst du?" schimpft Walter mit Blick auf die Überschrift: „Klar ist unsere Spezies als Ganzes ziemlich bekloppt. Deshalb gleich all ihre Individuen so grantig in einen Topf zu schmeißen, scheint mir aber ungerecht." Krieg dich wieder ein, mein Freund, das meint die Schlagzeile gar nicht; du missverstehst das Wort Bastard. Die längste Zeit seiner Bedeutungsgeschichte war das die keineswegs ehrenrührige Bezeichnung für in außerehelichem Verkehr gezeugte und anerkannte Kinder. Ein Schimpfwort wurde es erst in jüngerer Zeit. Und in der Naturwissenschaft ist Bastard bloß der etwas ältere Begriff für Hybride, also Vertreter von Flora und Faune (Mensch inklusive), die aus einer geschlechtlichen Fortpflanzung zwischen verschiedenen Arten oder Populationen hervorgegangen sind.

Wie schön: Wir alle sind Bastarde

Kleinste gemeinsame Nenner

Quergedanken im März 2024 von Andreas Pecht

 

Neulich haben Freund Walter und ich gedanklich mal unsere näheren Verwandten, Bekannten, Freunde durchgehechelt. So nach der Devise: Was ist Hugo für eine Type, wie tickt Frieda? Ein bisschen Tratscherei halt. Schnell ausbaldowert waren die Unterschiede nach Lebensweisen, Soziallage, Polit-Orientierung, Arten und Unarten. Und wir konnten festhalten: Alle irgendwie Mittelschicht, freilich mit sehr weiter Spreizung zwischen knappem Einkommen und gut situiert.

Kleinste gemeinsame Nenner

Schaut euch diese aktuellen Altvorderen an

Quergedanken im Februar 2024 von Andreas Pecht

 

Doch, ich mag Jubiläumsjahre. Zeiten, in denen man einstiger Geistesgrößen oder bedeutender Künstler und Künstlerinnen anlässlich runder Geburts- beziehungsweise Todestage gedenkt. Dann werden viele lange Artikel, ganze Bücher gar über die vor 50, 100, 200 oder mehr Jahren Verblichenen geschrieben, Vorträge gehalten, Ausstellungen organisiert, Filmdokus gezeigt, Würdigungsfeste gefeiert. Vielleicht treffen sich Fachleute, um bei Symposien in neuer Zeit gewonnene neue Aspekte aus Werk oder Leben des/der Gefeierten vorzustellen. Kurzum: Oft zu Unrecht vergessene oder zum toten Denkmal verstaubte Große gewinnen im Jubeljahr wieder Farbe, Lebendigkeit, Aufmerksamkeit, alte und womöglich gar neue Bedeutung.

Schaut euch diese aktuellen Altvorderen an

Lebensgenuss trotz falschen Films

Quergedanken im Januar 2024 von Andreas Pecht

 

Nein, nein, nein, mache ich nicht, auf gar keinen Fall!" So lautete mein Bescheid, als Freund Walter fragte, ob ich denn wieder ein Resümee über das abgelaufene Jahr verfassen wolle. Um Himmels Willen, was sollte ich denn über 2023 schreiben? Dasselbe wie über 2022 und 2021, also sinngemäß: „Rundum beschissen, nur diesmal noch schlimmer." Eine Überschrift wäre schnell gefunden, könnte lauten: „Schon wieder ein Jahr wie im falschen Film." Denn so kommen sich viele Leute vor, die schon die 1960er, -70er, frühen -80er bewusst miterlebt hatten – und im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts voller Hoffnung waren, der Lauf der weltlichen Dinge werde sich nun zum Besseren wenden.

Lebensgenuss trotz falschen Films

Kling Glöckchen kling zum Glühwein-Swing

Quergedanken im Dezember 2023 von Andreas Pecht

 

Es ist Marktzeit. Weihnachtsmarkt-Zeit. Also zieht es jede Menge Mitmenschen (nicht nur) nach Feierabend zum Workout an die geschmückten Stände in den Innenstädten, statt in die Muckibude oder auf den Heimtrainer. Die angesagtesten Disziplinen, zu denen Freundinnen und Freunde, Kollegen und Kolleginnen, ja ganze Belegschaften antreten, sind: Glühweinbecherheben, Bratwurst- und Spießbratenkauen sowie Gebrannte-Mandeln-Zerbeißen. So an die 3000 solcher Märkte soll es heutzutage in Deutschland geben, die in summa 30 und mehr Millionen Besucher verzeichnen, Mehrfachtäter inklusive. Mithin dürfte das „Weihnachtsmarkten" die größte Massensportbewegung deutscher Gegenwart sein.

Kling Glöckchen kling zum Glühwein-Swing

Sommer adé, Winter o weh?

Quergedanken im November 2023 von Andreas Pecht

 

Zugegeben: Winter ist nicht so mein Ding. Freund Walter sagt's anders: „Du bist ein Wintermuffel und eine furchtbare Frierhutsch." Ähm, das ist vielleicht ein bisschen drastisch ausgedrückt. Stimmt aber in der Tendenz doch irgendwie. Und gilt auch für die jetzt wieder hereinbrechende Jahreszeit, die heutzutage noch Winter genannt wird, obwohl ihr inzwischen viele der damit traditionell verbundenen Eigenschaften abhanden gekommen sind. Kein großer Winterfreund war ich schon, als es vor Jahrzehnten hierzulande öfter mal noch richtige Winter gab, mit langen Frostphasen, Eis, Schnee und derartigem Krempel.

Sommer adé, Winter o weh?

Freud und Leid der Einsamkeit

Quergedanken im Oktober 2023 von Andreas Pecht

 

„Dünnes Eis", brummt Freund Walter, als er die Überschrift sieht. „Schon das Wort Einsamkeit ist doch heutzutage negativ besetzt." Ich weiß, und das hat ja auch Gründe. Dauerhaftes Alleinsein ist für viele Zeitgenossen ein übles Schicksal. Denn der Mensch ist als soziales Wesen angelegt. Es war schließlich die Fähigkeit zur durchdachten Kooperation, die den Homo sapiens zum Herrscher über die Welt werden ließ. Dass er diese Sache nicht zu Ende gedacht hat, Kooperation durch allfälligen Wettbewerb ersetzte, und der Planet deshalb mit allem was darauf kreucht und fleucht unter dieser Herrschaft leidet, ist ein tragischer Widersinn. So widersinnig wie der Umstand, dass es ausgerechnet in der modernen Massengesellschaft mehr vereinsamte Leute gibt als je zuvor in der Zivilisationsgeschichte.

Freud und Leid der Einsamkeit

Schön, dass wir so verschieden sind

Quergedanken im September 2023 von Andreas Pecht

 

Der Volksmund sagt: „Über Geschmack lässt sich nicht streiten." Ich pflege zu ergänzen: „Über Geschmack lässt sich trefflich, aber völlig vergebens streiten." Läuft auf dasselbe hinaus, meint ihr. Ah, nicht so ganz. Ersteres findet sich bei Zeitgenossen wieder, die etwa in Sachen Essen und Trinken, Outfit, Kultur, persönlicher Lebensart generell über die diversen Vorlieben ihrer Mitmenschen nur gleichmütig die Achseln zucken. Dies auch noch, wenn sich die Geschmäcker jener erheblich von den eigenen unterscheiden – und der eigenen Geschmacksfreiheit nicht im Wege stehen sowie der Allgemeinheit nicht schaden.

Schön, dass wir so verschieden sind

Genügsamkeit – eine unterschätzte Tugend

Quergedanken im August 2023 von Andreas Pecht

 

Wer darauf gekommen ist, weiß ich nicht mehr. Plötzlich schwebt dieses alte − ja altehrwürdige – Wort über dem Gartentisch: Genügsamkeit. Freund Walter und ich sitzen plaudernd beisammen. Jeder einen Humpen Bier vor sich, zwischen uns ein Brett mit Käse, Schinken, Tomaten, Oliven, Gurken, Butter nebst einem Körbchen Brot. Wir schneiden Brocken ab, schieben sie uns zwischen die Zähne, missachten die guten Tischsitten und reden mit vollem Maul, weil das Pallaver über Genügsamkeit erstmal zur Kontroverse wird.

Genügsamkeit – eine unterschätzte Tugend

Lust und Leid der Hochsommerzeit

Quergedanken im Juli 2023 von Andreas Pecht

 

Es gibt doch kaum etwas Schöneres, als nach heißem Sommertag einen lauen Abend im Biergarten oder Straßencafé, auf der Veranda oder dem Balkon zu verbringen. Behaglich in die Stühle gefläzt, entspannt auf Bänken hockend, vor sich ein kühles Getränk, vielleicht noch eine leichte leckere Speise: Während die Sonnenglut hinter Häusern, Bäumen, dem Horizont vergeht, plätschern Denken und Plaudern nur mehr wohlig träge dahin. Hemdsärmelig und kurzbehost oder -berockt, lässt eben noch verschwitzte Haut sich von Abendluft und Dämmerstimmung beruhigend streicheln – und einstimmen auf die Nacht nackend unter leichtem Leinen statt im Schlafkleid unter schwerem Plumeau.

Lust und Leid der Hochsommerzeit

Es gibt keinen Zaubertrank gegen das Altern

Quergedanken im Juni 2023 von Andreas Pecht

 

Was ist die häufigste Todesursache? Ginge man nach der Krimi-Überflut, wäre es: Mord. In der realen Sterbestatistik taucht diese Todesart allerdings erst ganz weit hinter einer langen Liste von Krankheiten auf. Erstaunlicherweise fehlt da fast immer die hundsgewöhnlichste aller Todesursachen: das Alter. Offenbar wird Altsein heute vornehmlich als Summe von Krankheiten betrachtet, die schließlich zum Ableben führen. Und wie verhält sich unsere Zivilisation gegenüber Krankheiten? Sie strebt nach deren Vermeidung und/oder Heilung. Weshalb Gesundheits- und Fitnessratgeber, die solches versprechen, der Menge nach wohl gleichauf mit Krimis rangieren.

Es gibt keinen Zaubertrank gegen das Altern

Zauberlehrlinge ohne Meister

Quergedanken im Mai 2023 von Andreas Pecht

 

„Das ist der geilste Scheiß des Jahrhunderts!" Freund Walter ist kaum noch vom Computer wegzukriegen. Was er da treibt, oft die ganze Nacht? Er korrespondiert, laboriert, diskutiert – mit Maschinen. Er probiert, was allein schon die Hände eines Laien mit KIs (den sogenannten Künstlichen Intelligenzen) anfangen können, über die jetzt aufgeregt mal vor Begeisterung, mal vor Entsetzen pallavert wird. Hoffentlich lässt er sich wieder in unsere Normalität zurückholen. Mir ist schon mies zumute, weil ich ihn zu dieser Beschäftigung animiert habe: Teste du den KI-Krempel praktisch, ich lese derweil die Analysen, Prognosen, Nachdenkaufsätze dazu. Eine Gefahr der neuen Technik steht mir bereits leibhaftig vor Augen: Sie hat einen wenig technikbegeisterten Kerl wie Walter derart in den Bann geschlagen, dass er lieber mit ChatGPT rummacht als mit seiner Freundin.

Zauberlehrlinge ohne Meister

Hey Digitals, auch ihr werdet mal alt

Quergedanken im April 2023 von Andreas Pecht

 

„Wir treffen uns heute in zwei Wochen zur selben Zeit wieder hier." So sehen Verabredungen zwischen Freund Walter und mir oft aus. Es gilt das Prinzip: Man meldet sich zwischendurch nur, wenn einer unerwartet nicht kann. Ansonsten steht die Verabredung felsenfest, bedarf keiner weiteren Bestätigung. Unter Digitals, so höre ich, sei mittlerweile eher üblich: Während besagter zwei Wochen etliche Terminvergewisserungen austauschen. Am Tag selbst käme noch die spannende Mitteilung: „Bin jetzt unterwegs." Unnützes Blabla. Verstehe ich nicht; muss ich auch nicht.

Hey Digitals, auch ihr werdet mal alt

Auf die Boomer folgen die Knicker

Quergedanken im März 2023 von Andreas Pecht

 

„Ihr seid an allem schuld", giftet Walter. Er setzt mir den Zeigefinger der Belehrung und Beschuldigung auf die Brust: „Ihr seid zu viele, habt zu wenige Kinder gezeugt, geht dieser Tage alle zu früh in Rente und lebt nachher auch noch zu lange." Hä?! Wie bitte?! Wer ist „ihr"? Als der Freund die Zielgruppe seines Vorwurfs mit „Babyboomer" umreißt, gehe ich hoch wie dereinst das HB-Männchen. Denn als 1955er gehöre ich zum ersten der zehn geburtenstärksten Nachkriegsjahrgänge, die gemeinhin Babyboomer genannt werden. Und dieser meiner Altersgruppe, die jetzt mit zwei Jahren Zwangsverspätung in Rente geht, wird nun die Schuld dafür in die Schuhe geschoben, dass es allüberall an Arbeitskräften mangelt. Und das „urplötzlich" so sehr, als hätten die jüngst zahlreich auftauchenden UFOs bereits jede Menge Leute vom Erdboden verschwinden lassen.

Auf die Boomer folgen die Knicker

Nun macht doch mal langsam

Quergedanken im Februar 2023 von Andreas Pecht

 

Nicht erst seit ich Rentner bin erscheint mir die Welt wie in Raserei gefallen. Schon früher kam mir bei allerhand Anlässen die alte Volksweisheit in den Sinn: „Gut Ding will Weile haben." Bedeutet: Soll etwas ordentlich gemacht werden und von Bestand sein, braucht das eben seine Zeit. „Numme net hudle" pflegte mein Vater selig, zu Lebzeiten Schreinermeister, seine Lehrbuben zu mahnen, wenn diese oberflächliches Schnellschnell mit sorgsamem Gutmachen verwechselten.

Nun macht doch mal langsam

Trotz alledem und alledem

Quergedanken im Januar 2023 von Andreas Pecht

 

Vergangenen Monat hatte ich an dieser Stelle ein recht düsteres Bild von den Perspektiven für die nähere und fernere Zukunft hierzulande und überall anderwärts gezeichnet. Davon kann ich leider nichts zurücknehmen. Doch keine zwei Stunden nach Textabgabe ließen Freund Walter und ich es uns flachsend, kalauernd, lachend im Wirtshaus einen Abend lang wohlsein. Ist das ein Widerspruch? Müssten wir nicht vergrämt in der Ecke hocken und von früh bis spät das elendigliche Schicksal bejammern, das die Menschheit sich selbst wie dem Planeten eingebrockt hat? Und obendrein zetern über Inflation, Energiespar-Gebote und andere Unbilden, die selbst uns Angehörige der unteren Mitte drangsalieren, wenn auch nicht so heftig wie das echte untere Drittel der Gesellschaft?

Trotz alledem und alledem

2022: Himmel hilf, was ein beschissenes Jahr!

Quergedanken im Dezember 2022 von Andreas Pecht

 

Sonst fordert Freund Walter von mir für diese Kolumne: „Kein Schmus, Tacheles reden!" Diesmal meint er: „Wäre schön, wenn du etwas Hoffnung machen könntest." Denn miese Nachrichten, Tiefschläge und schlechte bis ganz üble Prognosen hätte es überreichlich gegeben anno domini 2022. Woher aber Hoffnung und Zuversicht nehmen, ohne zu lügen?

2022: Himmel hilf, was ein beschissenes Jahr!

Der neue Auto-Trend: klein, langsam, nett

Quergedanken im November 2022 von Andreas Pecht

 

Es hat sich zwar noch nicht überall rumgesprochen, ist aber eindeutig: Deutschland erlebt einen Epochenumbruch. Das ausgerechnet auf dem Feld seines scheinbar ewigen primären Liebestriebes – dem automobilen. Über Generationen kannte dieser Trieb nur eine Richtung: Die Autos mussten von einem Kauf zum nächsten immer größer, immer stärker, immer schneller werden.

Der neue Auto-Trend: klein, langsam, nett

Ohne Krimi geht die Mimi …

Quergedanken im Oktober 2022 von Andreas Pecht

 

Stellen wir uns für einen Augenblick, nur so zum Spaß, mal vor: Du sitzt über der Fernsehzeitung, willst gucken, was die Mattscheibe am Abend bietet; plötzlich verschwinden sämtliche Kriminalfilme aus dem Programm. Tatort, Polizeiruf, Kripo Ödland und allerhand anderer Lande, Kommissar*in XYZ, CSI hierdadort ... Wo sie angezeigt waren, blitzen jetzt weiße Flecken. Es sind viele, sehr viele, unfassbar viele weiße Flecken. Kein Abend, an dem zwischen 19 und 24 Uhr auf den frei zugänglichen Allgemeinsendern der Öffentlich-Rechtlichen und der Privaten in summa nicht 25 bis 40 und mehr Krimis laufen. Ich habe nachgezählt, stichprobenartig.

Ohne Krimi geht die Mimi …

Das ganz große Dilemma

Quergedanken im September 2022 von Andreas Pecht

 

„???". So spricht Freund Walters Gesichtsausdruck, als er die Überschrift sieht. Intelligent schaut er da nicht drein, eher so doof wie jede/r, wenn einem etwas unbegreiflich ist. Was ja zur Zeit häufig vorkommt. „Welches Dilemma meinst du?", fragt er. „Schließlich besteht das Menschenleben seit Anbeginn und jüngst ohnehin vorwiegend aus Dilemmata." Er verweist auf die Bibel mit den zwei Zwickmühlen, die uns schon zu Schöpfungszeit ins Nest gelegt wurden. Da wäre das kurzsichtige Gebot „Wachset und mehret euch, macht euch die Erde untertan". Da wäre ferner diese Story von der Rippe des ersten Menschwesens, aus der das Gottwesen ein zweites klonte. Freilich mit Eingriff in die Chromosomen-Struktur, auf dass ein Andergeschlecht entstehe und beide miteinander das Wachstumsgebot in Gang setzen.

Das ganz große Dilemma
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