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Auf die Boomer folgen die Knicker

Quergedanken im März 2023 von Andreas Pecht

 

„Ihr seid an allem schuld", giftet Walter. Er setzt mir den Zeigefinger der Belehrung und Beschuldigung auf die Brust: „Ihr seid zu viele, habt zu wenige Kinder gezeugt, geht dieser Tage alle zu früh in Rente und lebt nachher auch noch zu lange." Hä?! Wie bitte?! Wer ist „ihr"? Als der Freund die Zielgruppe seines Vorwurfs mit „Babyboomer" umreißt, gehe ich hoch wie dereinst das HB-Männchen. Denn als 1955er gehöre ich zum ersten der zehn geburtenstärksten Nachkriegsjahrgänge, die gemeinhin Babyboomer genannt werden. Und dieser meiner Altersgruppe, die jetzt mit zwei Jahren Zwangsverspätung in Rente geht, wird nun die Schuld dafür in die Schuhe geschoben, dass es allüberall an Arbeitskräften mangelt. Und das „urplötzlich" so sehr, als hätten die jüngst zahlreich auftauchenden UFOs bereits jede Menge Leute vom Erdboden verschwinden lassen.

Auf die Boomer folgen die Knicker

Nun macht doch mal langsam

Quergedanken im Februar 2023 von Andreas Pecht

 

Nicht erst seit ich Rentner bin erscheint mir die Welt wie in Raserei gefallen. Schon früher kam mir bei allerhand Anlässen die alte Volksweisheit in den Sinn: „Gut Ding will Weile haben." Bedeutet: Soll etwas ordentlich gemacht werden und von Bestand sein, braucht das eben seine Zeit. „Numme net hudle" pflegte mein Vater selig, zu Lebzeiten Schreinermeister, seine Lehrbuben zu mahnen, wenn diese oberflächliches Schnellschnell mit sorgsamem Gutmachen verwechselten.

Nun macht doch mal langsam

Trotz alledem und alledem

Quergedanken im Januar 2023 von Andreas Pecht

 

Vergangenen Monat hatte ich an dieser Stelle ein recht düsteres Bild von den Perspektiven für die nähere und fernere Zukunft hierzulande und überall anderwärts gezeichnet. Davon kann ich leider nichts zurücknehmen. Doch keine zwei Stunden nach Textabgabe ließen Freund Walter und ich es uns flachsend, kalauernd, lachend im Wirtshaus einen Abend lang wohlsein. Ist das ein Widerspruch? Müssten wir nicht vergrämt in der Ecke hocken und von früh bis spät das elendigliche Schicksal bejammern, das die Menschheit sich selbst wie dem Planeten eingebrockt hat? Und obendrein zetern über Inflation, Energiespar-Gebote und andere Unbilden, die selbst uns Angehörige der unteren Mitte drangsalieren, wenn auch nicht so heftig wie das echte untere Drittel der Gesellschaft?

Trotz alledem und alledem

2022: Himmel hilf, was ein beschissenes Jahr!

Quergedanken im Dezember 2022 von Andreas Pecht

 

Sonst fordert Freund Walter von mir für diese Kolumne: „Kein Schmus, Tacheles reden!" Diesmal meint er: „Wäre schön, wenn du etwas Hoffnung machen könntest." Denn miese Nachrichten, Tiefschläge und schlechte bis ganz üble Prognosen hätte es überreichlich gegeben anno domini 2022. Woher aber Hoffnung und Zuversicht nehmen, ohne zu lügen?

2022: Himmel hilf, was ein beschissenes Jahr!

Der neue Auto-Trend: klein, langsam, nett

Quergedanken im November 2022 von Andreas Pecht

 

Es hat sich zwar noch nicht überall rumgesprochen, ist aber eindeutig: Deutschland erlebt einen Epochenumbruch. Das ausgerechnet auf dem Feld seines scheinbar ewigen primären Liebestriebes – dem automobilen. Über Generationen kannte dieser Trieb nur eine Richtung: Die Autos mussten von einem Kauf zum nächsten immer größer, immer stärker, immer schneller werden.

Der neue Auto-Trend: klein, langsam, nett

Ohne Krimi geht die Mimi …

Quergedanken im Oktober 2022 von Andreas Pecht

 

Stellen wir uns für einen Augenblick, nur so zum Spaß, mal vor: Du sitzt über der Fernsehzeitung, willst gucken, was die Mattscheibe am Abend bietet; plötzlich verschwinden sämtliche Kriminalfilme aus dem Programm. Tatort, Polizeiruf, Kripo Ödland und allerhand anderer Lande, Kommissar*in XYZ, CSI hierdadort ... Wo sie angezeigt waren, blitzen jetzt weiße Flecken. Es sind viele, sehr viele, unfassbar viele weiße Flecken. Kein Abend, an dem zwischen 19 und 24 Uhr auf den frei zugänglichen Allgemeinsendern der Öffentlich-Rechtlichen und der Privaten in summa nicht 25 bis 40 und mehr Krimis laufen. Ich habe nachgezählt, stichprobenartig.

Ohne Krimi geht die Mimi …

Das ganz große Dilemma

Quergedanken im September 2022 von Andreas Pecht

 

„???". So spricht Freund Walters Gesichtsausdruck, als er die Überschrift sieht. Intelligent schaut er da nicht drein, eher so doof wie jede/r, wenn einem etwas unbegreiflich ist. Was ja zur Zeit häufig vorkommt. „Welches Dilemma meinst du?", fragt er. „Schließlich besteht das Menschenleben seit Anbeginn und jüngst ohnehin vorwiegend aus Dilemmata." Er verweist auf die Bibel mit den zwei Zwickmühlen, die uns schon zu Schöpfungszeit ins Nest gelegt wurden. Da wäre das kurzsichtige Gebot „Wachset und mehret euch, macht euch die Erde untertan". Da wäre ferner diese Story von der Rippe des ersten Menschwesens, aus der das Gottwesen ein zweites klonte. Freilich mit Eingriff in die Chromosomen-Struktur, auf dass ein Andergeschlecht entstehe und beide miteinander das Wachstumsgebot in Gang setzen.

Das ganz große Dilemma

Der neue Volkssport: Energiesparen

Quergedanken im August 2022 von Andreas Pecht

 

Freund Walter warnt: „Willst du dir Prügel einhandeln? Sport ist etwas, das man freiwillig tut. Energiesparen hingegen wird derzeit von den Umständen erzwungen; jedenfalls bei der unteren Einkommenshälfte im Land." Weiß ich doch – und wettere deshalb seit Wochen gegen den Gießkannen-Humbug der Spritpreisbremse. Davon abgesehen, dass sich die Mineralölkonzerne eine Goldnase verdienen: In den Genuss der preisdämpfenden Restwirkung kommen eben auch jene, die das gar nicht bräuchten – Wohlhabende und Reiche.

Der neue Volkssport: Energiesparen

Hitzige Tage, heiße Nächte

Quergedanken im Juli 2022 von Andreas Pecht

 

Auch ich gehöre zu jenem Menschenschlag, der den Sommer viel lieber mag als den Winter. Doch käme ich nie auf die Idee, letzterem alljährlich durchgängig in südliche Gefilde entfliehen zu wollen. Wechsel der Jahreszeiten gehört hierzulande halt zum Rhythmus des Daseins. Und wer nie ein bisschen Entsagung erlebt, dem wird nachher auch nicht der volle Genuss zuteil. Das ist wie beim Essen: Die feinste Speise wird einem fad', wenn's stets nur vom Besten gibt alle Tag'. So lebt unsereiner denn im Sommer wohlig auf mit kurzem Hemd, leichter Hose und barfüßig in den Schuhen oder gleich ohne. Befreit von vier wärmenden Lagen obenrum und zwei bis drei unten – das ist schon ein ganz anderes Körpergefühl.

Hitzige Tage, heiße Nächte

Kleiner Garten Eden für jede und jeden

Quergedanken im Juni 2022 von Andreas Pecht

 

Nicht nur Russen haben ihre Datsche. Das Gartenstück mit Hütte oder Häuschen auf dem Land ist bei Städtern in ganz Europa seit eh und je beliebt. Die reichen Herrschaften haben ihre „Landsitze". Die einfachen Leute bescheiden sich mit Kleinerem, um an Wochenenden oder für einige Ferienwochen der urbanen Hektik, Hitze, Stickigkeit in die Sommerfrische zu entkommen. Obendrein nutzen Letztere traditionell ihr Stückchen Freizeiterde vielfach zur Verbesserung der Familienversorgung durch den eigenhändigen Anbau von Gemüse und Obst.

Kleiner Garten Eden für jede und jeden

Wir müssen reden! Doch mit wem worüber?

Quergedanken im Mai 2022 von Andreas Pecht

 

Ein Gespenst geht um – das Gespenst der Gesellschaftsspaltung. Und – nie scheint der 68er-Spruch richtiger gewesen als heute: Das Politische ist immer auch privat und das Private politisch. Denn sämtliche bedeutenden Fragen der Gegenwart betreffen nicht nur Regierungen, befeuern nicht nur Stammtischpallaver. Vielmehr wirken Klimawandel, Corona, Ukraine-Krieg, Fluchtbewegungen, Plastikverseuchung, Artensterben, Reichtumskluft, Inflation etc. sich selbst auf hiesige Küchen, Klos und Heizkörper aus. Ja sie berühren spürbar das ganze persönliche Alltagsverhalten bis hin zum Umgang mit dem Heiligsblechle.

Wir müssen reden! Doch mit wem worüber?

Der Krieg soll verflucht sein!

Quergedanken im April 2022 von Andreas Pecht

 

Schluss mit lustig! Schlimmer als 2020/2021 könne es nicht werden, hatten wir geglaubt. Corona-Seuche, katastrophische Klimawandelwirkungen, fanatische Realitätsleugnung nebst Wissenschafts- und Demokratiefeindlichkeit... Doch wir hatten falsch geglaubt, denn es ist noch viel schlimmer gekommen: Das erste Quartal 2022 ist das übelste, das ich in meinen 66 Jahren erlebt habe. Die vorgenannten Weltkrisen dauern an und eine weitere kommt mit dem Überfall Putins auf den eigenständigen Staat Ukraine hinzu, der durch gar nichts, erst recht keine abstrusen Lügen zu rechtfertigen ist. Das ist nicht nur der erste große Krieg in Europa seit dem Jugoslawien-Zerfall in den frühen 1990ern. Das ist zugleich ein gestern noch schier undenkbarer Rückfall in die direkte Blockkonfrontation des mittleren 20. Jahrhunderts, Atomkriegsgefahr inklusive. Die Generationen 50+ überkommt derzeit ein Déjà-vu nach dem anderen. Nur dass es sich dabei nicht um Erinnerungstäuschungen handelt, sondern um tatsächliche Wiederkehr der zumindest für unseren Kontinent überwunden geglaubten Unvernunft vom Krieg als gängige Fortsetzung der Politik mit militärischen Mitteln – die aktuell ein 44-Millionen-Volk mit Not, Unglück, Leid und Tod überzieht.

Der Krieg soll verflucht sein!

Frühlingsgefühle oder Frühjahrsmüdigkeit?

Quergedanken im März 2022 von Andreas Pecht

 

Derweil ich diese Zeilen zu Bildschirm bringe, randaliert die erste Welle eines kräftigen Sturmtiefs übers Land. Ihr erinnert euch an neulich, an 17./18. Februar: Wegen der Wetterfrösche Unwetterprognose bleiben in NRW die Schulen dicht, sind in Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern die schulische Präsenzpflicht aufgehoben. (Was die Corona-Seuche nicht mehr hinkriegt, die Wettergötter schaffen es im Handumdrehen.) Gewiss, wir hatten schon wesentlich heftigere Stürme, aber der hier ist auch nicht von schlechten Eltern. Zumal die wilden Winde, volkstümlich ausgedrückt, pisswarm sind.

Frühlingsgefühle oder Frühjahrsmüdigkeit?

Die größte Verschwörung aller Zeiten

Quergedanken im Februar 2022 von Andreas Pecht

 

Ja, liebe Leut', Zeiten wie diese hat keiner unserer Vorfahren je erlebt. Das ist zwar immer so, weil der Gang vor allem der technischen Dinge eben stets irgendwohin fortschreitet. Selbst die kluge Bingener Hildegard wäre Alexa und dem Thermomix nur Rosenkränze betend nähergetreten. Und noch meine Oma selig schlich misstrauisch um ihren ersten Fernseher zwecks Ergründung, wie all die kleinen Leute in den Kasten kämen.

Die größte Verschwörung aller Zeiten

Nun mal los: Das Ungewohnte wagen

Quergedanken im Januar 2022 von Andreas Pecht

 

Zu meinen jetzt 66 Jahre währenden Lebzeiten gab es neun Bundeskanzlerwechsel. Ich habe sie alle bewusst miterlebt, sogar den ersten. Denn als der ewige Adenauer 1963 im Alter von 88 das Amt aufgab, war ich schon ein 8-jähriges und recht aufgewecktes Kerlchen. Ein bisschen in Erinnerung ist noch mein damaliges Staunen darüber, dass der „oberste Fürst" nicht aus dem Amt stirbt, sondern schnöde zurücktritt. Auf solch ein seltsames Phänomen hatten mich die Königsmärchen nicht vorbereitet. Doch ich begann ich zu ahnen, dass Führungswechsel im Demokratie-Staat eigentlich normal wären.

Nun mal los: Das Ungewohnte wagen

Nun singet, liebet und seid froh – auch

Quergedanken im Dezember 2021 von Andreas Pecht

 

Schlechte Laune, die hat man mal ein paar Stunden, gelegentlich sogar den einen oder anderen Tag lang. Das gehört dazu. Denn des Lebens Umstände sind nicht nur Zuckerschlecken und die Mitmenschen nicht allemal liebens-würdig. Freund Walter ist eher der Tagelang-Typ, während ich Miesepetrigkeit bloß stundenweise aushalten kann, eigentlich nur ein paar Minuten. Das sind so Unterschiede, mit denen man leben muss; kein Beinbruch, der wiegt schwerer.

Nun singet, liebet und seid froh – auch

Darüber spricht fast niemand. Seltsam.

Quergedanken im November 2021 von Andreas Pecht

 

Manchmal, wenn Freund Walter und ich gemütlich beisammen sitzen, über Gott, Welt, die Menschheit (nicht zuletzt ihre weibliche Hälfte) plaudernd, machen wir ein Spiel. Das geht so: Wir klappern einige der aktuell am meisten diskutierten Themen ab und forschen nach Aspekten, die dabei eigentlich naheliegend wären, über die aber fast niemand spricht oder schreibt. Drei Beispiele seien in gebotener Kürze angeführt.

Darüber spricht fast niemand. Seltsam.

Trielliert und gewählt wär’. Was nun?

Quergedanken im Oktober 2021 von Andreas Pecht

 

Das ist das Elend eines Monatsmagazins mit langem Druckvorlauf: Derweil ich diese Zeilen in den PC hacke sind es noch ein paar Tage hin bis zur Bundestagswahl; wenn Ihr sie zu lesen kriegt, ist das Ding aber gelaufen. Weshalb ich eigentlich gar nichts zu diesem Thema schreiben wollte. „Kannste bei so einer historischen Wahl nicht machen!", motzt Freund Walter. Jetzt ist es mal an mir, die Augen zu rollen: Fang du auch noch die Unart an, allen möglichen tagesaktuellen Ereignissen das großspurige Etikett „historisch" anzupappen. Für die meisten davon wird es in den anno 2070 erscheinenden Büchern zur Weltgeschichte nicht mal eine Fußnote geben.

Trielliert und gewählt wär’. Was nun?

Mal was ganz anderes

Quergedanken im September 2021 von Andreas Pecht

 

Neulich im Wald. Es war ein bisschen düster unterm tropfenden Blätterdach, der Himmel darüber von tristem Wolkengrau verhangen. Der letzte Regenguss lag noch nicht lange zurück. Eben typisches 2021er Sommerwetter hierzulande (sieht man von den verheerenden Sturzfluten mancherorts mal ab). So ein Normalgrauwetter stört einen nicht sonderlich, wenn man auf der Pirsch ist. Bewaffnet mit Taschenmesser und Körbchen zielte mein behutsames Herumschleichen zwischen Buchen, Eichen und Co. nebst allerhand Untergestrüpp jedoch nicht aufs Wildbret, sondern auf Pilze.

Mal was ganz anderes

Im Rinnsal lauert das Monster

Quergedanken im August 2021 von Andreas Pecht

 

Jetzt steht man im Westerwald oder Hunsrück am Fenster, betrachtet die Umgebung unter ganz neuen Gesichtspunkten. Woher und wohin würden die Wasser stürzen bei 200 Litern Regen auf den Quadratmeter binnen weniger Stunden? Hier die sonst meist trockene, aus dem Wald kommende und als Feldweg durch Wiesen bis zum Unterdorf verlaufende kleine Senke: Sie würde zum rauschenden Bach. Und weil der am unteren Ende seit Jahrzehnten kein Bett mehr hat, würde er sich orientierungslos über die Straßen ergießen und durch die Häuser toben.

Im Rinnsal lauert das Monster
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