Popmusik in Rheinland-Pfalz: Versetzt die Corona-Krise dem Nachwuchs und der Clubkultur den Todesstoß?
Nichts geht mehr. Corona hat die Popmusikkultur auch in Rheinland-Pfalz hart getroffen. Shutdown, jetzt in der „light"-Version. Für die Kultur jedoch wie im Frühjahr: Totaler Stillstand auf den Bühnen. Eine Szene, die bereits vor der Krise mit oft prekärem Einkommen arbeiten musste und bereits seit März leidet, bricht nun vollends ein. Kein Festival findet statt, alle Spielstätten sind dicht.
First in...last out: Festivals, Spielstätten und Künstler waren die ersten, die vom Shutdown getroffen wurden und werden auch die letzten sein, die wieder in den vor Corona - Regelbetrieb übergehen dürfen und zwar auf aktuell unabsehbare Zeit. Also solange, bis ein Impfstoff verfügbar ist.
Popmusik? Da wird doch gut verdient, hört man oft in Gesprächen. Doch abseits der Mark Forsters und Max Giesingers müssen selbst Künstler_innen und Bands, die mittlere Hallen füllen, Nebenjobs bemühen, um über die Runden zu kommen. Viele arbeiten zusätzlich als selbständige Musiklehrer_innen oder in anderen Jobs, z.B. in der Gastronomie. Das ungefähre Jahreseinkommen eines selbständigen Musikers ist laut Zahlen der Künstlersozialkasse im Schnitt etwa 14.000 Euro, das der Musikerin liegt sogar nur bei 12.000 Euro.
Viele Künstler im Bereich der Popmusik hatten sich in den letzten Jahren auf das Live-Business fokussiert, weil der Tonträgermarkt (CD-Verkäufe), nahezu komplett eingebrochen ist und weil die großen Musik-Streaming-Plattformen wie Spotify, Apple Music oder Amazon Music kaum messbare Beträge ausschütten (Spotify zahlt pro Online-Stream, also pro abgespieltem Song nur 0,00397 Euro).
Und genau dieses Live-Geschäft, fällt nun nahezu komplett aus. Doch nicht nur die Kreativen selbst sind davon betroffen, auch eine Heerschar von Dienstleistern hängt nun in den Seilen: Tontechniker, Promoter, Veranstalter, Booker, Club-Betreiber, Security-Firmen u.v.a.
Die darf man nicht vergessen.
Und im Rahmen der staatlichen Unterstützung sind bislang leider all diejenigen durch das Raster, die keine messbaren betrieblichen Fixkosten haben und das sind schon recht viele. Hier bleibt dann nur das „Corona Grundeinkommen" also „Hartz4 light". Doch auch das gibt es nur, wenn der Partner (in der Bedarfsgemeinschaft) kein Einkommen hat. Die angekündigte Hilfe für Soloselbständige und Freiberufler über das „Überbrückungsgeld III" reicht Stand heute nicht aus.
Die Situation ist verfahren. Der Staat muss hier weiter stützen und zielgerichtete Förderprogramme für die gesamte Kultur- und Kreativwirtschaft nachlegen.
Aber auch für die Zeit nach der Krise sieht es für viele Akteure im Popmusikbereich schlecht aus. Nehmen wir z.B. den musikalischen Nachwuchs: Schon in normalen Zeiten war es recht schwer als Newcomer vernünftige Auftritte zu bekommen. Wenn nun aber irgendwann wieder ein reguläres Club- oder Festivalkonzert stattfinden darf (also wenn ein Impfstoff verfügbar ist), müssen Veranstalter natürlich so schnell wie möglich wieder Geld verdienen. Und das wird natürlich nur mit entsprechenden Publikumsmagneten funktionieren. Nur die bekannten Namen gewährleisten den Veranstaltern entsprechende Umsätze. Das konnte im Sommer schön im Rahmen der Auto-Konzert-Reihen beobachten. Der Nachwuchs bleibt doppelt auf der Strecke: In der Krise und nach der Krise.
Apropos auf der Strecke bleiben. Die gesamte Clubkultur, also sowohl Live-Musik-Clubs wie aber auch Musikclubs, die Musik von DJs oder aus der Konserve bieten, steht auf der Kippe. Clubkultur lebt von Nähe und Körperlichkeit. Das sind grundlegende Bestandteile dieser Kultur. Da hier aber kein Hygiene-Konzept greifen kann – man stelle sich eine ausgelassene Party mit 1,5 m Mindestabstand vor – wird es diese Art Clubkultur bis zur Entwicklung eines Impfstoffes nicht geben können. Das bedeutet über Monate geschlossene Clubs. Ohne Hilfsprogramme werden die wenigsten überleben können. Eine komplette Szene droht zu sterben.
Markus Graf, pop rlp
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